Was passiert in unseren Betten?

Was passiert in unseren Betten? Welche Wünsche und Vorstellungen werden befriedigt? Fühlen wir uns sexuell und emotional begehrt? Welche Fantasien leben wir aus? Kennen wir unsere Fantasien überhaupt?

  • Gemäss einer Umfrage von «Glamour» aus dem Jahr 2014 sind wir Frauen sexuell immer aufgeschlossener. Für viele ist es normal, für die meisten erstrebenswert, dass wir vor der Ehe schon einmal Sex hatten.
  • Polyamorie zählt als tolle, aber unrealistische Vorstellung.
  • Swinger-Clubs und Sexparties existieren tendenziell eher in der Vorstellung als auf der Liste, was am Wochenende gemeinsam unternommen werden könnte.
  • Knapp die Hälfte behilft sich mit Sahne und Schokoladensauce, um das Liebesspiel zu erweitern. Bondage ist hingegen eher gefragt.
  • Pornofilme dienen bei zweidrittel der Paare als Inspirationsquelle, wobei sich doch die eine oder andere Frau hinterfragt, ob sie ihrem Partner nicht genügend bieten kann.
  • Oral ist beliebt, Anal gilt eher als Tabu, der 3er ebenso.
  • Selbstbefriedigung zählt bei den meisten Frauen als wichtige Ergänzung, wobei aber die meisten darauf verzichten, dass der Partner dabei ist und zuschaut.

Solche Umfragen sind oft interessant zu lesen und zeigen spannende Tendenzen auf. Was aber in dieser Studie nicht thematisiert wurde: Haben wir überhaupt Sex? Haben wir Sex, wenn wir in langjährigen Partnerschaften unterwegs sind. Haben wir Sex, wenn die Kinder unsere Tage und Nächte dominieren? Wenn wir erschöpft sind vom täglichen Hamsterrad, vom Druck, unsere Familie zu ernähren. Haben wir Sex, wenn wir uns in unseren Rollen verloren haben? Wenn sich der Mann nicht in seiner Kraft fühlt? Wenn die Frau nicht mehr in ihrer Erotik und Schönheit ruht?

Ich vergleiche die Sexualität in der Partnerschaft mit einer filigranen Pflanze.

Zu Beginn einer Beziehung wächst sie wie von alleine. Oft braucht sie nicht viel Pflege. Sie gedeiht fast ohne Wasser, braucht noch keinen Dünger. Die Blätter spriessen, die zarten Knospen öffnen sich. Aber mit der Zeit geht die Pflanze vergessen. Sie wird Stürmen ausgesetzt, sie leidet unter Routine oder nicht-beachtet-werden. Manchmal kommt noch Lieblosigkeit dazu, vielleicht Ignoranz, der Alltag. Aus der starken, tragenden Pflanze hat sich ein kümmerliches Gewächs entwickelt. Möglicherweise wird ab und zu eine Giesskanne mit erfrischendem Wasser über sie gegossen. Dann lebt sie auf und träumt von der wertvollen früheren Zeit, als alles noch so leicht war, als alles noch so einfach gedeihen konnte. Vielleicht blüht sie wieder auf, vielleicht verdorrt sie früher oder später.

Die Sexualität ist eine Pflanze, die wir pflegen sollten. Regelmässig. Immer wieder. Ob wir Lust darauf haben oder nicht. Und wir sollten lernen, darüber zu reden. Eine Sprache finden, uns mitteilen, uns herauswagen. Wir sollten uns Rituale schaffen, an die wir uns halten, denen wir den Alltag unterordnen. Wir sollten uns dazu verpflichten, unsere Pflanze zu giessen. Oder uns bewusst dafür entscheiden, sie vertrocknen zu lassen.