Keine Lust auf die Lust
Es gibt so viele Gründe für Unlust – und vielleicht einige Ideen dagegen. Hier ein paar davon herausgepickt:
Kinder
Sie sind unser Zentrum, unser Sinn des DaSeins, der Sinn unseres Schaffens. Sie spornen uns an, bessere Menschen zu sein. Sie locken unsere verschiedenen Gesichter und unbekannten Fähigkeiten heraus. Sie helfen uns, die Welt mit anderen Augen zu betrachten. Und – sie sind omnipräsent. Wenn sie da sind, fordern sie oft unsere komplette Aufmerksamkeit. Wenn sie nicht da sind, sorgen wir uns und denken, was sie wohl gerade machen. Für mich sind sie die Lust-Killer ersten Grades.
Was tun dagegen? Loslassen. Einerseits das örtliche Loslassen. Wenn es eine Grossmutter, eine nette Tante oder eine gute Seele in deiner Umgebung gibt – gehe auf sie zu und schaffe dir Freiraum. Inseln. Ego-Zeit.
Anderseits das emotionale Loslassen. Es muss nicht alles perfekt sein, damit du dir Zeit für dich nehmen kannst. Vielleicht sind die Kinder im Bett – aber die Wohnung ist noch nicht überall abgestaubt, die Wäsche liegt auf einem Turm gestapelt. Und trotzdem, nimm dir Zeit für ein Kerzenlicht-Bad. Nimm dir Zeit für lustvolle Momente.
Gestapelte Vorwürfe
Vielleicht ist dieser Grund noch viel weitreichender als die Kinder. Wenn wir all dies ansammeln, was wir uns nicht zu sagen getrauen. Oder all dies, was wir sagen würden, wenn wir mutiger und unbekümmerter wären. Das, was gesagt werden sollte, worauf wir aber keine Lust haben, es auszusprechen, weil die Stimmung dann tief in den Keller fällt. Die doofen Kleinigkeiten, die wir in uns sammeln. Wir sammeln sie, und dabei wachsen sie, sie verbünden sich miteinander und gedeihen zu grossen Kleinigkeiten-Monster, die plötzlich platzen und ein Chaos anrichten. Ein unverhältnismässiges Chaos. Schlimm ist auch, wenn sie ganz still und leise vor sich hinwachsen und sich vermischen mit Trauer und versteckter Wut und alten Geschichten. Dann nehmen die Kleinigkeiten so viel Raum ein. Und jede Socke, die wie IMMER ÜBERALL herumliegt, jede Abwaschmaschine, welche KOMPLETT FALSCH eingeräumt wird, mutiert zum ultimativen Lust-Töter. Dabei geht es weder um Socke, noch um Abwaschmaschine, sondern um die Ansammlung der vielen Kleinigkeiten.
Was tun dagegen? Eine Läster-Liste erstellen. Schreibt gegenseitig auf, welches die blöden Kleinigkeiten sind, welche euch täglich ärgern. Die Kleinigkeiten, die noch so banal und bedeutungslos scheinen, die euch aber ärgern. Die euch immer ein bisschen ärgern und so in euch zu grossen Kleinigkeits-Monster wachsen. Die auch das zerstören, was lustig und gut ist. Und wenn die Läster-Liste langweilig wird, erstellt eine Schönheits-Liste. Schreibt auf, was euch aneinander gefällt. Oh, die wunderschönen Lachfalten! Deine Haare duften wir ein Beet Rosen. Deine Narbe lässt mich an einen Ritterkampf denken, den du gewonnen hast. Undundund…
Seid leicht und verspielt. Phantasievoll und ein bisschen unperfekt dabei. Zaubert Humor in euren Alltag. Erstellt Listen. Läster-Listen. Schönheits-Listen. Wovon-träum-ich-heimlich-Listen. Wohin-möchte-ich-abhauen-Listen. Veränderungs-Listen. Bewahr-Listen. Und vor allem: lacht darüber, und redet darüber!
Ich bin so unperfekt!
Es gibt Momente, da möchtest du anders sein. Grösser, schlanker, schöner, attraktiver. Da betrachtest du deinen Bauch und bist sicher, dass er zu dick ist. Du starrst auf deine Haare und findest deine Frisur total blöd. Nichts gefällt dir. Nichts liebst du an dir. Du magst dir nicht begegnen. Du isolierst dich in deinem Hässlich-Sein und vergräbst dich in der Überzeugung, dass dich niemand begehren kann, so wie du aussiehst.
Und nun? Nun suche die Schönheit in dir. Dafür braucht es viel Disziplin, einen Spiegel und ein Hilfsmittel*, das dich an deine Aufgabe erinnert.
Jeden Tag stellst du dich vor den Spiegel und betrachtest dich. Nimm dir kurz Zeit für den aufmerksamen Blick hin zu dir. Was siehst du? (Natürlich, zuerst alles, was anders sein sollte.) Schau genau, schau noch länger. Suche etwas, das dir gefällt. Bleibe mit deinem Blick haften. Betrachte das Schöne. Verweile und freue dich ab dir.
Jedes Mal, wenn du zum Spiegel gehst, betrachte ausschliesslich das Schöne an dir. Fokussiere dich nur darauf. Du wiederholst diese Übung jeden Tag während mindestens 30 Tagen. Selbstverständlich kannst du auch viele verschiedene Bereiche betrachten und bewundern. Bleibe beim Schönen, Erotischen, Einmaligen, betrachte dich mit liebevollen Augen.
Damit du jeden Tag daran denkst, küsse den Spiegel mit einem Lippenstift-Mund oder klebe eine Postkarte an den Spiegelrand. Dieses Hilfsmittel* erinnert dich an die Disziplin zur Freude.
Null-Lust-Stimmung
Die Tage sind lange und anstrengend, beschwerlich, ermüdend. Die Vorstellung, dass irgendetwas Lust entfachen könnte, abstrakt. Sozusagen wie ein Land, das es nicht gibt. Unerreichbar.
Die Idee der Lust-Schaukel. Begebt euch trotzdem in eine Situation, die rein theoretisch lustvoll sein könnte. Kreiert eine erotische Stimmung, inszeniert ein Pulverfass an potentieller Lust. Denkt an den Atem und an die Bewegung. Seid aufmerksam darauf, was ist. Und schaut, betrachtet euch.
Selten ist es der Fall, dass das Lust-Level bei Paaren gleich hoch ist. Manchmal hat jemand Lust, und der andere gar nicht. Manchmal können es sich beide einigermassen vorstellen, Lust zu haben – aber eigentlich ist alles so anstrengend. Lieber in einem spannenden Buch lesen. Drum bin ich überzeugt, dass die Lust manchmal inszeniert werden muss. Der eine beginnt mit dem Strip, tanzt, probiert Neues aus, der andere betrachtet, lässt sich aufs Spiel ein. Wie auf einer Schaukel, ein Geben und Nehmen und Anzünden und Entfacht-werden, ein Hin und Her der Energien, der Leichtigkeit, der Lebenslust – dies die Schaukel der Lust.